„Tante Hedwig“ ist bis heute eine gefragte Frau – in Sonneberg, Thüringen und darüber hinaus, obwohl sie schon so lange tot ist. Das von ihr geschriebene Kochbuch – mehrmals „leicht bearbeitet“ neu aufgelegt – wird bis heute gekauft.
Im Internet finden sich nur minimale Informationen über sie: dass sie zur Schule geht und dass sie Köchin wird.
Irgendwann wird sie Lehrerin an der städtischen Kochschule von Sonneberg.
1929 wird sie Leiterin dieser Kochschule (1887 gegründet).
1913 erscheint ihr über 300-seitiges „Kochbuch“: Rezepte der Kochschule in Sonneberg i. Thür. Das Kochbuch gliedert sich in Haushaltsführung, Nahrungsmittellehre, Kochanweisung, Küchenzettel und Speisefolge, dazu die Kunst des Tischedeckens.
Schon 1935 erscheint die fünfte Auflage des „Kochbuches“.
2009 die 4. Auflage der Neuausgabe von 1990.
Die Stadt Sonneberg ehrt sie mit einer Straßenbenennung: Hedwig-Kost-Straße.
Johanna Friederika HENRIETTE Katharina DAVIDIS * 1. März 1801 in Wengern, NRW † 3. April 1876 in Dortmund, NRW
H. Davidis hat eine für ihre Zeit ungewöhnliche Biografie, und definitiv eine, die nicht zu der von ihr propagierten und bedienten bürgerlichen Schicht passte. Geboren in eine Pfarrfamilie – als Jugendliche lebte sie für zwei Jahre bei ihrer verheirateten Schwester im Schloss von Schwelm, sie besuchte dort die „höhere Töchterschule“ – zwei Verlobte sterben vor einer Eheschließung – sie bleibt zeitlebens ledig. Sie unterstützte die Familie ihrer Schwester und ihre verwitwete Mutter. Nach deren Tod arbeitet sie als Erzieherin und Gouvernante.
1844 veröffentlicht sie ihr „Praktisches Kochbuch“ (2. Aufl. 1845, 3. Aufl. 1846, 4. Aufl. 1848, …). Viel später beklagte sie sich darüber, dass der herausgebende Verlag ihre geschäftliche Unerfahrenheit heftig zu seinem Gunsten ausgenutzt und sie am finanziellen Erfolg ihrer Veröffentlichungen nicht angemessen beteiligt hat. Einige Werke, wie z.B. 1856 „Puppenmutti Anna“, veröffentlichte sie deshalb auch bei einem anderen Verlag. Erst rund 16 Jahre vor ihrem Tod bekam sie so viel Bezahlung, dass sie sich eine eigene Wohnung mieten konnte.
Der Erfolg des Kochbuchs inspirierte HENRIETTE DAVIDIS zu weiteren hauswirtschaftlichen Grundlagen-Büchern (Haushalt samt Gemüsegarten) für Kinder und junge Frauen des Bürgertums. Sie gilt ab den 1860ern als hauswirtschaftliche Autorität. Und so bekommt sie Werbeaufträge für Geräte- und Produkt-Neuheiten. Sie macht in ihren Büchern, wie wir heute sagen, „Produktplacement“, wie weit bezahlt oder unbezahlt ist heute unbekannt. Sie ist die erfolgreichste und bekannteste Kochbuchautorin des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts – auf jeden Fall in Westfalen. Wie weit in anderen Regionen Deutschlands? Schwer zu sagen. Was damals im Ausland bekannt und verbreitet wird, hängt ja auch immer von der Heimatregion der jeweiligen Auswanderer ab. – Gehen Sie z.B. mal in den USA „deutsch“ essen. Echt? Das ist „deutsch“? Ja, geprägt von Auswanderern einer bestimmten Region Deutschlands!
In Milwaukee/USA wurde das Buch 1879 „für die Deutschen in Amerika“ auf Deutsch herausgegeben: „Vermehrt und verbessert durch Aufnahme von Recepten zu den in Amerika landesüblichen Speisen, Backwerken etc., und durch Uebertragung des deutschen in amerikanisches Maß und Gewicht, sowie durch Hinzufügung eines Speisezettels für Kranke aller Art“. Auf jeden Fall gab es Übersetzungen ins Englische, Dänische, Niederländische und Französische. Nach Davidis Tod „überarbeiteten“ und erweiterten viele weitere Autor*innen ihr Kochbuch, veröffentlichten Raubkopien. Erst die offiziellen Neuauflagen ab 1990 halten sich wieder eng an die Erstausgabe.
Sie pflegen gezielt Davidis Erbe: a) Die „Henriette-Davidis-Gesellschaft e.V.“ fördert das „Deutsche Kochbuchmuseum“ in Dortmund mit dessen wissenschaftlicher und museumspädagogischer Arbeit. b) Das Henriette-Davidis-Museum der Stadt Wetter (Ruhr) mit Davidis-Büchern und Themen des biedermeierlichen Lebens.
geb. Marx geb. 28.7.1800, Trier; gest. 22.4.1882, Bad Dürkheim
Nein, ich konnte sie nicht aussparen – obwohl ich sie ursprünglich nicht vorstellen wollte: „DIE SCHÖNE ANNA“, Wirtin und „begnadete Küchenmeisterin“. Ihr gehörte zusammen mit ihrem Mann das in Bad Dürkheim eröffnete Hotel „Vier Jahreszeiten“. Erste Adresse für königliche Gäste, berühmte Künstler und „das feine bürgerliche Publikum“.
Aber wann findet man schon in jenen Tagen eine so erfrischend und selbstverständlich selbstbewusste Frau. Zeitgenossen beschrieben sie als „emanzipiert, charismatisch und kultiviert“.
Über sie existieren viele Anekdoten. Z.B. lud sie 1843 in einer Anzeige nur in eigenem Namen zu einem Konzert mit Ball ein. Dies führte zu süffisanten Nachfragen, z.B. ob denn ihr Mann „schreib‑, mund‑ oder gar mausetodt“ sei.
Ihr „Pfälzer Kochbuch. Eine Sammlung von 1002 praktisch bewährten Kochrecepten aller Art, begründet auf 30-jährige Erfahrung – den deutschen Frauen und Töchtern gewidmet“ gibt sie nach ihrer Hotel-Zeit 1858 heraus. [Reprint Edition Forsthaus Weilach 1, Auflage 1997; Neuausgabe 2008, pro Message Verlag; 2017 Taschenbuch-Nachdruck des Originals von 1858]
Anmerkung der Verfasserin 1858: „Wegen des [Kochbuch]Titels … kann ich zur Rechtfertigung nur anführen, daß die Pfalz, als das Paladium des d e u t s c h e n R e i c h e s, als die Perle an der deutschen Kaiserkrone betrachtet wurde, – daß sie zur Zeit der deutschen Reichsherrlichkeit mit den schönsten Schlössern und reichsten Klöstern erfüllt war … auch die feinste Küche gefunden wurde und die ausgebildete Kochkunst heimisch war, die bis zur Gegenwart, ja auf die spätesten Enkel des lebensfrohen pfälzischen Volksstammes sich vererbt hat.“
Kochbuch Einleitung 1858: „… Ich kann es nämlich mit großer Bestimmtheit behaupten, daß oft durch die Unkenntniß einer Hausfrau im Kochen manches eheliche Glück gestört wird, während sich eine im Kochen wohl erfahrene Hausfrau die Achtung und Liebe ihres Gemahls in erhöhtem Maße erwirbt. Auch dem Gesinde gegenüber ist dies einer Haufrau von Nutzen, da sie oft ihre Dienstboten nur deßhalb länger behält, weil diese glauben, bei ihr Etwas lernen zu können.
Zuerst muß ich Reinlichkeit als die schönste Zierde einer Köchin hervorheben. …
In Bezug auf die Kochrecepte bemerke ich Folgendes: Als Maaß gebrauche ich den rheinbayerischen Schoppen (1/2 Liter). …“
Es folgen Empfehlungen für gutes Geschirr, welche Lebensmittel und Gewürze als Basis vorhanden sein müssen, welche Themen sie behandelt, u.a. auch Resteverwertung.
Auf ihre Schildkröten-Suppe verzichte ich gerne, aber ihre Mandelmilch-Suppe klingt gut. Das Rezept erinnert mich an die indische ‚dicke Kokosmilch‘:
Im Heimatmuseum Bad Dürkheim „serviert sie“ heute auf Knopfdruck virtuell Saumagen und Kartoffelsuppe.
„Bad Dürkheim Schöne Anna kocht auf Knopfdruck“, 21. Mai 2019 (link)
„Rheinland-Pfalz Aal von der schönen Anna“, 08. Dezember 2018 (link)
Anna Bergner: Pfälzer Kochbuch: Eine Sammlung von 1002 praktisch bewährten Kochrecepten. Mannheim 1858 (download möglich) Hinweis: bei vielen Titeln steht „Iraktisch“. Das ist ein Druckfehler und heißt eigentlich „Praktisch“.
Anna Bergner: Anna Bergner’s Kochbuch: Quintessenz der rheinischen Kochkunst. Für bürgerliche Haushaltungen. Mannheim 1870
Sie war Tochter eines Amtschirurgen (Chirurg = nichtakademischer Arzt!). Sie war mit dem Berliner Kaufmann B. W. Scheibler verheiratet. Sie hatten 5 Söhne. Mehr Biografisches ist über sie selbst nicht bekannt.
Scheiblers Kochbuch (Erstauflage1815) gilt für den Brandenburger Raum als genauso wichtig, erfolgreich und berühmt wie später das der Henriette Davidis in Westfalen. Um 1850 herum hatte es eine Auflage von 150.000 Exemplaren. 1927 gab es die 47. Aufl., nach Pause 1977 die 48. Aufl. – Raub-Nachdrucke nicht gezählt!
Titel: „Allgemeines deutsches Kochbuch für bürgerliche Haushaltungen oder gründliche Anweisung, wie man ohne Vorkenntnisse alle Arten Speisen und Backwerk auf die wohlfeilste und schmackhafteste Art zubereiten kann. Ein unentbehrliches Handbuch für angehende Hausmütter, Haushälterinnen und Köchinnen.“
Im Vorwort wird breit ausgeführt: Das Wichtigste sind Sauberkeit, Ordnung, Geduld.
KLASSIFIZIERUNG der KOCHKUNST in Scheiblers „Vorerinnerungen und Bemerkungen“ (in der 4. Auflage 1845) – in Auszügen, mit meiner Großschreibung:
„Die KOCHKUNST lässt sich in DREI KLASSEN einteilen. Die erste derselben bildet die KÜNSTLICHE = HERRSCHAFTLICHE: d.h. Zubereitung aller feinen Sachen, Flügelwerks und aller schwierigen Zusammensetzungen … Sache der dazu angestellten KÖCHE
Die zweite Klasse für den HÖHEREN WOHLSTAND: auch herrschaftlich, doch in einem minder hohen Grade … Eine gute KÖCHIN sieht schon mehr auf Ökonomie …
Die dritte Klasse bildet die BÜRGERLICHE KOCHKUNST … Hier sieht man hauptsächlich auf den GESCHMACK … Gleichzeitig begreift diese Klasse die der MITTELSTÄNDE und die der GUTEN HAUSMANNSTISCHE … Anordnung der klugen HAUSFRAU .., die nach dem Geschmacke und den Verhältnissen des HAUSHERRN sich einzurichten natürlich für Pflicht hält.
In Betreff der unbemittelten Volksklasse, welche sich einer strengen Ökonomie unterwerfen und nur dieser nachleben muss, lässt sich, in Hinsicht der Kochkunst, weiter nichts sagen.“
Uralte Kochrezepte sind nicht zeitgemäß (Frag-Mutti)
Hinweis: Das erste Kochbuch für Arbeiterfrauen „Das häusliche Glück“ wurde 1881 von der AWO herausgegeben (download möglich) und wurde innerhalb eines Jahres ein Bestseller.
Die Rezepte ihres Kochbuchs (Erstausgabe 1900) werden der süddeutsch-pfälzisch-jüdischen Küche zugeordnet. Ende des 19. Jahrhunderts werden die Kochbücher umfangreicher – ihres hat 3759 Rezepte. Die Kochbücher wurden nun gerne anlässlich einer Hochzeit verschenkt.
M. Elsasser widmet ihr Kochbuch Frau Dr. M. Friedländer/London und Frau Dr. I. Eschelbacher/Berlin. Das Kochbuch gewinnt zwischen 1905 und 1929 mehrere Preise, einschließlich einer “Gold Medal“.
Außer den Lebensdaten habe ich nichts Biografisches über sie gefunden. So lasse ich sie in ihrem Vorwort zum Kochbuch 1900 selbst zu Wort kommen. Besser als sie kann ich sowieso nicht ihr Kochbuch und ihre Motivation dazu erklären.
Manche ihrer Argumente könnten auch heute – und manche Empfehlungen im Prinzip auch für die heutige vegetarische Küche geschrieben sein.
Einleitung „Ausführliches Kochbuch für die einfache und feine jüdische Küche“: „… Nicht etwa ein Mangel an jüdischen Kochbüchern gab der Verfasserin den Wunsch zu diesem Werke ein, sondern die Überzeugung, daß die bisherigen Kochbücher, obwohl von praktischen und tüchtigen Köchinnen verfaßt, doch nur im Rahmen des Altgewohnten sich bewegen. … Technik, Chemie, Gourmandise … die leichtere Erlangung der Erzeugnisse fremder Länder, alles vereinigt sich … die Art zu speisen zu verändern, gewissermaßen zu modernisieren. Diese Veränderungen aber sind zumeist spurlos an der jüdischen Küche vorbeigegangen, …“
„Die Verfasserin verdankt den Grund ihrer Kenntnisse in der jüdischen Küche, ihrer verehrten Großmutter, einer geborenen Pfälzerin, die noch aus der guten, alten Zeit stammte, da die Hausfrau selbst und mit Stolz kochte und sich keine Mühe zu viel werden ließ, um Hausgenossen und Gästen den Tisch gut und erfreuend zu gestalten. Durch sie empfing ich die pfälzischen, rheinischen und süddeutschen Originalrezepte.“ …
„Man ißt jetzt viel besser wie früher und der mit allen Nerven angespannte Mensch der heutigen Zeit verlangt auch von seiner Nahrung eine Verfeinerung und die Fähigkeit des angenehmen und anregenden Wechsels, dem gegenüber das gemächliche Weitergehen auf gewohntem Wege nicht mehr ausreicht.“ …
„… Erzeugnisse der Chemie … Es handelt sich um die mancherlei noch unbekannten und rituell vollkommen erlaubten Extrakte, die vorzüglichen, verschiedenen Koscherkäse, das neuere, ganz neutrale Fett Palmin, ein Präparat aus Kokosnuß, sehr fettreich … fernerhin (anstelle der in jüdisch-orthodoxen Kreisen nicht zulässigen, chemisch reinen Gelatine…) die Pflanzenart Agar-Agar …“
„So glaubt denn die Verfasserin dieses Werk getrost in die Welt senden zu können, sie will anregen, belehren und unterweisen und fühlt sich beglückt, wenn es ihr gelungen sein sollte, dies zu erreichen. Die materiellen Vorteile, die das Buch bringen wird, sind zu gemeinnützigen und wohltätigen Zwecken bestimmt.“
Adelheit Gleim, später umbenannt in Ilsabetha/BETTY (wann, warum und wie weit offiziell ist unbekannt) * 13. August 1781, Bremen † 27. März 1827, Bremen
Da will ich „nur“ über bekannte Kochbuchautorinnen schreiben – und entdecke eine weitgehend und gezielt vergessene Frauenrechtlerin, deren Überzeugungen in Bezug auf weibliche Bildung locker mithalten können mit denen des 20. Jahrhunderts! Wenngleich sie natürlich Kind ihrer Zeit und von den politisch unruhigen Zeiten geprägt war. „Schublade“ muss sein: Sie gilt als „frühfeministisch“.
Ich finde u.a. diesen Text über sie: „Vielen in Bremen fällt zu Betty Gleim nur ihr Kochbuch ein, mit dem die Schulgründerin 1814 beweisen wollte, dass Hausfrauenarbeit und intellektuelle Interessen durchaus keine unüberbrückbaren Gegensätze sein müssen. Für die nachfolgenden Frauenrechtlerinnen wurde sie zum Vorbild.“
BETTY GLEIM stammt aus einer bekannten und angesehenen Familie und erhielt für diese Zeit sicher eine ausgezeichnete Ausbildung. Näheres ist ebenfalls unbekannt. Was bekannt ist, dass sie sich als Kind ihrer Zeit für die französische Revolution begeisterte, und dass sie Pestalozzis pädagogischen Reformen anhing – der sie später auch mit ermutigenden Briefen unterstützte.
Ein Verlöbnis ging in die Brüche, und sie blieb lebenslang unverheiratet.
Ihre folgenden beruflichen Tätigkeiten standen unter dem Ziel: Humanistische Bildung. Eine gute (Berufs-) Bildung für Mädchen und Frauen, auch in Naturwissenschaften und Handwerk, damit diese nicht gezwungen waren zu heiraten, sondern sich selbst ernähren konnten.
Sie veröffentlichte viele Publikationen, u.a. patriotische Texte, Texte von Frauenrechtlerinnen wie die britische Mary Wollstonecraft, Schriften zu pädagogischen, didaktischen und literarischen Themen.
1806, mit 25 Jahren, gründete sie in Bremen eine „höhere Lehranstalt für Mädchen“ (4–16 Jahre). Schon 1812 hatte diese, trotz hohem Schulgeld, vier Klassen mit 80 Schülerinnen.
Eine Mitarbeiterin, zugleich ihre Freundin, wird – es scheint! zu Recht – von den anderen Mitarbeiterinnen und von Eltern massiv angegriffen. Gleim entließ diese nicht, sondern verließ 1815 mit ihr gemeinsam die Schule.
1816 gründete sie in Elberfeld eine“ Bildungsanstalt für Töchter höherer Stände“. Es passiert das Gleiche wie in Bremen.
1818/19 macht sie bei Alois Sennefelder eine Ausbildung zur Lithografin.
Sie gründet in Bremen 1819 eine „lithographische Anstalt“ für Mädchen und Frauen. Die Anstalt scheiterte 1820 an mangelndem Interesse, evtl. auch an ihren mangelnden organisatorischen Fähigkeiten und an finanziellen Problemen.
Mit Hilfe von Verwandten und Freunden startet sie 1819 nochmals eine „höhere Mädchenschule“ – nicht mehr mit der ehemaligen Freundin, sondern einer neuen Mitarbeiterin (in „innigster Seelengemeinschaft“) Diesmal war die Schule ein Erfolg.
Aber ihre Gesundheit war inzwischen zerrüttet. „Nervöse Leiden, quälende Kopf- und Hüftschmerzen“ hinderten sie stark am Unterrichten und an der Schriftstellerei.
Sie starb 1827, im Alter von 46 Jahren, nach längerer schwerer Krankheit „in den Armen ihrer geliebten, treuen Gehülfin.“
weiterführende Links:
„Bremer Frauen-Geschichten”: Vordenkerin und Macherin Betty Gleim (link)
Betty (Ilsabetha) Gleim (1781 -1827), Schulgründerin und -vorsteherin (link)
Ueber die Bildung der Frauen und die Behauptung ihrer Würde in den wichtigsten Verhältnissen ihres Lebens; Bremen u.a. : Comptoir für Litteratur, 1814 (download)
Was hat das wiedergeborne Deutschland von seinen Frauen zu fordern?, Bremen : Heyse, 1814 (download)
geb. Gestenhof 14.1.1750, Schwäbisch Hall † 21.10.1810, Augsburg
Sie zog durch ihre Heirat mit dem ersten Diakon der evangelischen Barfüßerkirche* nach Augsburg. Beide bekommen 6 Töchter und 9 Söhne. Nicht alle Kinder überlebten die Kindheit. (* Barfüßer = Franziskaner)
Sie veröffentlicht 1787 ihr „Augsburgisches Kochbuch“ mit über 1.000 Rezepten der Augsburger und süddeutschen Küche. Es „war ein Bestseller des 18. Jahrhunderts“ und erlebte viele Auflagen, einmal auch nur als Auszug (damit das Buch nicht so teuer ist).
KOCHBUCH Motto: „Es ist leichter tadeln, als besser machen“ bevor sich Weiler „An meine Leserinnen“ wendet. „… Aber ein gutes, brauchbares, allgemeinverständliches, treu und genau anweisendes, und doch nicht allzu weitläufiges Kochbuch für höhere und geringere Personen, so eins wünsche ich. …“.
In der 2. Aufl. (1788) antwortet sie ihren Kritiker*innen:
die Weilers müssten auf Grund der „erlesenen“ Lebensmittel reich sein. SIE: auch Apothekerfamilien seien nicht ungewöhnlich viel krank, nur weil ein Apotheker so viele Arzneien bereiten kann.
sie schreibe zu viele Gewürze vor. SIE: die Köchinnen entscheiden selbst, welche davon sie verwenden.
sie beschreibe zu viele Standardgerichte – SIE: Meine sind nicht nur sparsam, sondern auch schmackhaft.
sie schreibe zu oft „nach Belieben“ – SIE: sei Sache der Köchinnen und Gäste;
und verwende nur augsburgisches Maß – Sie: weil zu viele örtliche Variationen.
Und zuletzt: SIE verbitte sich „aufs höflichste alle Beurteilung dieser meiner Arbeit“ von diesen „Herren Bücherrichter“, von denen keine Kenntnis über „diese Sachen“ zu erwarten seien. „Es betreffe eine Weibersache, worinnen also die Männer [Köche abgesehen] von uns lernen müssen.“
Ihre Tochter, Jacobine Mittermayr, gibt 1830 einen zweiten Teil des Kochbuchs heraus: „… aus den hinterlassenen Papieren“ ihrer Mutter, „ausgearbeitet von ihrer Tochter Jakobine Weiler“ mit eigenen Ergänzungen. Nur in diesem zweiten Teil findet sich auch das Portrait von Sophie Juliane Weiler.
weiterführende Links:
BR Zwischen Spessart und Karwendel (mit Rezepten) (link)
geb. Keller, verw. Aeschenberger geb. vor 1572, Basel † 1596, Altdorf bei Nürnberg
es wird vermutet, dass die Frau, links im Bild, Anna Wecker sein soll
Sie wurde zwei Mal Witwe. Zuerst heiratete sie den Stadtschreiber von Altdorf/bei Nürnberg. Mit ihrem zweiten Mann, dem Stadtphysikus (Arzt!) J. Wecker, lebte sie in Colmar. Nach dessen Tod zog sie zu ihrer Tochter Katharina nach Altdorf zurück.
Sie schrieb das erste von einer Frau stammende, gedruckte Kochbuch in deutscher Sprache: „Ein Köstlich new Kochbuch“. Sie beendete es im Jahr ihres Todes. Deshalb wurde es erst 1598 durch ihre Tochter, Katharina Taurellus, veröffentlicht.
TITEL DES KOCHBUCHS: „Ein besonderes, neues Kochbuch von allerhand Speisen aus Gemüse, Obst, Fleisch, Geflügel, Wildbret, Fischen und Gebackenem. Nicht nur für Gesunde, sondern auch und besonders für Kranke mit verschiedenen Krankheiten und Gebrechen, aber auch für schwangere oder im Wochenbett liegende Frauen und für alte Menschen herrschaftlich [= für oberste Gesellschaftsklasse] zuzubereiten und zu verwenden.
Dieses Buch wurde noch nie gedruckt. Selbst aufgeschrieben von F. Anna Weckerin Witwe des berühmten Arztes D. Johann Jacob Wecker Amberg, im Verlag Michaëln Forstern 1598″
Kennen Sie Anna Wecker (Basel/ Franken), Sophie Juliane Weiler (Augsburg), Betty Gleim (Bremen), Wilhelmine Scheibler (Brandenburg), Anna Bergner (Pfalz), Marie Elsasser (pfälzisch- süddeutsch- jüdisch), Henriette Davidis (NRW), Hedwig Kost (Thüringen)? Wahrscheinlich so wenig wie ich bis jetzt. Das lässt sich ändern!
Doch zuerst: Ich liebe meine Kochbuchsammlung: als allgemeine Inspiration für meine nächsten Gerichte, als Erinnerung an Gespräche, Schenkende, Freund*innen, Lebensstationen, Koch‑Strategieänderungen… Wer waren wohl die ersten Kochbuch-Autorinnen?
Wenig überraschend: die meisten Rezeptsammlungen/ Kochbücher sind von Männern geschrieben. Oft waren sie REZEPTE, also Anweisungen von Ärzten für Krankenkost. Und: Bis in den Anfang des letzten Jahrhunderts hinein waren Kochbücher vor allem auch für (meist männliche) berufstätige Köch*innen, Koch-Lehrlinge – ob in Hotels oder bei „Herrschaften“ – geschrieben.
Bei den Rezepten waren vor allem die Zusammensetzung und Kochanleitungen wichtig, Mengenangaben selten – wie auch, bei diesem regionalen Maße-Wirrwarr!
Die ersten deutschsprachigen Rezepte als Sammlung finden sich in einem Würzburger Werk um 1350, als Teil des „Hausbuch des Michael de Leone“. Ihre eigentliche Entstehungszeit und ihre „adlige Herkunft“ kann man auf Grund der verwendeten Gewürze schätzen.
„Dieses Buch erzählt von guter Speise, dazu macht es die unwissenden Köche weise. Ich will denjenigen von Euch unterweisen in der Speisezubereitung, der sie noch nicht kann. …“ (1350)
Letztlich ist das auch meistens die Motivation der Autorinnen bis Mitte des 20. J.h., die mit ihren Kochbüchern vor allem Frauen der bürgerlichen Schicht nötiges Haushaltswissen beibringen wollten: was und wie koche ich, die gut gedeckte Tafel, sparsames Wirtschaften, Hygiene, usw. Dazu passende sog. „Puppen-Kochbücher“ für Mädchen (mit alltagstauglichen Rezepten in Mini-Mengen).