Der Hebammen-Beruf war im 18. Jahrhundert ein 4-jähriger Lehrberuf mit Abschluss-Examen.
Für den (brandenburgisch-)ansbachisch regierten Teil Fürths galt die „Brandenburgische Hebammenordnung“ vom 29.04.1743 mit 43 Artikeln.
Titel: „Verneuerte und vermehrte Brandenburgische Hebammen-Ordnung, des Fürstenthums Burggraffthums Nürnberg unterhalb Gebürgs“ Ort: Onolzbach; Verlag: Messerer; Erscheinungsjahr: 1743; Umfang: 41 S., [2] Bl. [download über die „Bayerische Staatsbibliothek“ (BSB)]
Foto 1: Brandenburgische Hebammenordnung von 1743
Foto2: „Hebammen-Schul oder gründlicher Unterricht. Wie eine Hebamme gegen schwangere, kreistende und entbundene Weiber und deren Kinderlein, so wohl bey natürlichen und unnatürlichen Geburten, sich zu verhalten nebenst einem nützlichen Weiber- und Kinder-Pfleg-Büchlein. Und einer treuen Anführung, wie den meisten Kinder-Kranckheiten zu begegnen. Coburg 1715“
Was hat eine St.-Lorenz-Kirche in einer Reihe über Astronominnen zu suchen? (hier: die Nürnberger St. Lorenz-Kirche – Baubeginn um 1250)?
St. Lorenz ist die deutsche Namensform für den Hl. Laurentius von Rom († 10. August 258). Laurentius erfuhr den Märtyrertod, weil er dem römischen Kaiser Valerian, der sich den Sozialfonds der Gemeinde einverleiben wollte, eine Schar von Kranken, Alten, Bettlern usw. als den „wahren Kirchenschatz“ präsentierte. Jährlich am 10. bzw. 11. August feiern Christen den Laurentiustag, den Namenstag des Laurentius.
Dr. Eva Ahnert-Rohlfs wurde am 11. August 1912 geboren, also am Laurentiustag.
Eines ihrer Forschungsgebiete war die „Zur Struktur der Entstehung des Perseidenstroms“. Die „Perseiden“ (volkstümlich „Laurentiustränen“, „Tränen des Laurentius“) sind ein jährlich in der ersten Augusthälfte wiederkehrender Meteorstrom, der in den Tagen um den 12. August ein deutliches Maximum an Sternschnuppen aufweist. (wikipedia)
Dass sich Dr. Ahnert-Rohlfs intensiv mit den Perseiden beschäftigte, ist natürlich keine Überraschung, denn die Meteor-Forschung war damals an der Sternwarte Sonneberg Forschungsschwerpunkt. Aber auch, wenn wir es nicht wissen: warum nicht glauben, dass dieses zufällige Zusammentreffen von ihrem Geburtstag mit dem Laurentiustag mit der volkstümlichen Benennung der Perseiden ihr für ihre Forschung eine zusätzliche Motivation und Freude war?
Die Nürnberger haben ihren Wunschring am Schönen Brunnen am Hauptmarkt. Sie dagegen brauchen nur die Augen zu schließen und sich etwas zu wünschen, wenn Sie Sternschnuppen entdecken. Ihr Wunsch geht selbstverständlich in Erfüllung! Oder vielleicht noch besser: Sie gehen zu dem Platz, an dem die Sternschnuppen zu Boden fallen. Sie finden dort einen Schatz! (Beweis: das Märchen vom Sterntaler)
Die grüne Leuchtspur eines Perseiden-Meteors aus dem Jahr 2012
Die Astrophysikerin und Astronomin Dr. Eva Ahnert-Rohlfs (11.08.1912 – 09.03.1954)
ist in Coburg geboren. Nach dem Studium (mit Unterbrechung wegen des Krieges) ging sie 1945 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an die Sternwarte im benachbarten Sonneberg. Sie promovierte bei ihrem Chef Cuno Hoffmeister in Astrophysik. Ihr Mann, der Astronom Paul Oswald Ahnert, arbeitete ebenfalls dort. Ihre Ehe dauerte leider nur zwei Jahre. Sie starb durch Komplikationen bei der Geburt ihres ersten Kindes.
Sie veröffentlichte ihre Forschungsergebnisse in den Mitteilungen der Sternwarte Sonneberg:
Zur Struktur der Entstehung des Perseidenstroms. Veröffentlichung der Sternwarte Sonneberg. Bd 2. Akademie-Verlag, Berlin 1952, S. 5–38.
Strahlungsdruck, Poynting-Robertson-Effekt und interstellare Materie. In: Mitteilungen der Sternwarte Sonneberg. 29, Nr. 3/4, 1953, S. 39–45.
Vorläufige Mitteilung über Versuche zum Nachweis von Meteoritischem Staub. Mitteilung der Sternwarte Sonneberg 45, 1954
Ab 1940 bis zur deutschen Teilung arbeitete sie zusammen mit ihrem Mann am in Stuttgart herausgegebenen astronomischen Kalender „Das Himmelsjahr“ mit.
Ab 1949 gaben Beide den jährlichen „Kalender für Sternenfreunde“ heraus, den Paul Ahnert auch nach dem Tod seiner Frau bis 1984 fortführte.
Foto: Von Jörg Ölsner – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=20702809
Clara Wieck 1828, im Jahr ihres ersten Auftritts als Pianistin, Elfenbeinminiatur (Ausschnitt)
13.09.1819 – 20.05.1896
Ihr Vater bildete sie systematisch zur Pianistin aus. Sie erhielt insgesamt eine breite musikalische Ausbildung, lernte Englisch und Französisch.
Ihr Spiel, ihre Improvisationen und eigene Kompositionen machten sie bald bekannt. Schon mit 9 Jahren begann sie im Gewandhaus Leipzig ihre öffentliche Konzerttätigkeit.
Gegen den Widerstand ihres Vaters, der um ihre Karriere fürchtete, heiratete sie Robert Schumann. Sie bekam 8 Kinder. Sie konnte trotzdem ihre Konzertreisen mit eigenem Programm fortführen. Sie hatte zahlreiche KlavierschülerInnen, unterrichtete zeitweise auch an den Konservatorien Leipzig und Frankfurt/M.
Das Ehepaar arbeitete an gemeinsamen Musik-Projekten. Robert schätzte Claras Können und Expertise und erkannte es (leider nicht neidlos!) an. Clara spielte Roberts Werke, kümmerte sich um Anerkennung und Verbreitung seiner Werke.
Als Robert erkrankte (und 1856 starb), gab sie das Komponieren auf. Sie musste mit ihren Konzerten den Lebensunterhalt für ihre Familie (einschließlich der Klinikkosten für Robert) verdienen. Daneben war sie als Nachlassverwalterin ihres Mannes eingespannt, veröffentlichte u.a. seine sämtlichen Werke, seine Jugendbriefe. Interessanterweise vernichtete sie im Gegensatz dazu ihre persönliche Korrespondenz fast vollständig.
Bei diesem Lebenswerk hätte sie es verdient, als eigenständige Künstlerin genannt und geehrt zu werden – ohne die „ewigen Zusätze“: Tochter von … und Ehefrau von …
„Sie war Zeitgenossin von J. Brahms, F. Liszt, F. Chopin, R. Wagner. … Sie war die erste deutsche Berufskomponistin und füllte im 19. Jahrhundert Konzertsäle in Berlin und Europa. Selbst das Königspaar besuchte die Aufführung von Emile Mayers Werken – Musikkritiker rätselten hingegen, wie ausgerechnet eine Frau so schöne Musik schaffen konnte.“ So führt „Jasmin“ ihren podcast über Emilie Mayer ein. (herstorypod.de)
Schon mit sechs Jahren begann E. Mayer zu komponieren. Ein großes Erbe ihres Vaters machte es ihr möglich, ihr ganzes Leben der Musik zu widmen. Im Gegensatz z. B. zu Fanny Hensel halfen ihr auch ihre Brüder bei ihrem Kampf, ihre Kompositionen öffentlich bekannt zu machen, öffentlich zu spielen und zu drucken – obwohl auch sie selbstbewusst und „unerhört“ für Frauen „unschickliche Musik“ schrieb. Man nannte sie auch „der weibliche Beethoven“.
Nach Studien in Stettin und bei Carl Loewe führte sie in Berlin einen bekannten Musiksalon. Sie wurde Vizechefin der Berliner Opernakademie und Ehrenmitglied der Philharmonischen Gesellschaft in München.
Warum sie wohl schon eine Generation später vergessen war? Lag es daran, dass sie nicht unterrichtete?
Anlässlich ihres 200. Geburtstags erinnerte man sich wieder an sie.
2020 benannte die Stadt Hof/Oberfranken eine Straße nach ihr.
Die Crew des Films „Komponistinnen“ entdeckte durch ihre Recherchen (zusammen mit dem Historiker Jörg Kuhn) ihr verschollen geglaubtes Grab auf dem Berliner Dreifaltigkeitsfriedhof. Der Berliner Senat entschied 2021, dass es künftig ein Ehrengrab sein soll.
In den Mediatheken finden sich ebenfalls Informationen und Beispiele ihrer Werke (und natürlich auch anderer Komponistinnen).
Büste Fanny Hensel vor der Mendelssohn-Remise in Berlin-Mitte von Lore Plietzsch;
Auch nach ihr wurde 2020/21 eine Straße in Hof (Saale) benannt. Allerdings gibt es – im Gegensatz zu M. C. Benda – schon mehrere Städte, die Straßen nach ihr benannt haben. Ein Kleinplanet trägt ihren Namen. Und viele (posthume) Ehrungen mehr …
Nur ein kleiner Teil ihrer über 460 Werke ist veröffentlicht. Ihr Gesamtwerk wird erst seit den 1980ern erforscht. Ihre Werke sind heute im Besitz der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Es gibt mittlerweile zahlreiche wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Publikationen und Veranstaltungen, Welturaufführungen sowie CD-Einspielungen. Und trotzdem ist das erst der Anfang der Forschung!
Sie hatte das Pech, dass ihr Vater und ihr Bruder ihr eine Komponistinnenkarriere und die Veröffentlichung ihrer Werke verboten, „weil sich das für eine Frau nicht schickt“. – Mir erschließt sich allerdings nicht, warum es schicklich war, dass Felix sieben ihrer Werke unter seinem Namen veröffentlichte!*
Sie hatte das Glück, dass sie in ihrem Mann Wilhelm Hensel (einem berühmten Hofmaler an der Akademie der Künste zu Berlin) einen Förderer und Unterstützer besaß, der es ihr ermöglichte, zu komponieren und zumindest im privat-halböffentlichen Raum ihre Werke aufzuführen.
Erst ein Jahr vor ihrem plötzlichen Tod durch einen Schlaganfall entschloss sich Fanny Hensel, einige ihrer Werke herauszugeben und startete mit der Nummerierung ihrer Werke.
Maria Carolina Wolf als Baronin vor Forstheim in Lustspiel „Der Postzug“, das im Januar 1776 im Weimarer Liebhabertheater aufgeführt wurde. (Radierung von Georg Melchior Kraus, Klassik Stiftung Weimar)
Maria Carolina Benda (1742 – 1820) entstammt einer beruflich erfolgreichen und bekannten Musikerfamilie. Sie ist eine der damals offensichtlich wenigen Musikerinnen, die seit ihrer Kindheit eine gründliche musikalische Ausbildung (durch ihren Vater Franz) genossen hat. Sie verbringt ein ganzes eigenständiges Berufsleben als Sängerin, Pianistin, Komponistin und Kammersängerin am Hof der Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar-Eisenach (u.a. ebenfalls Komponistin).
Sie ist mit dem Hofkapellmeister, Pianisten und Komponisten Ernst Wilhelm Wolf verheiratet, von Kindern steht nichts in ihrer Biografie. Sie komponiert nicht nur allgemein für den Hof, sondern auch für das „Liebhabertheater“, welches 1775 am Hof der Herzogin entstand und von Johann Wolfgang von Goethe geleitet wurde.
Was entscheidet also darüber, ob eine (sehr) gute, anerkannte Komponistin in weiten Kreisen bekannt wird – und vor allem, ob sie und ihre Werke über ihren Tod hinaus bekannt bleiben? Das Klischee der von der Familie unterdrückten, durch Haushalt, Kinder und Gesellschaft gehinderten Frau kann also nicht unbedingt das alles entscheidende Kriterium sein.
Übrigens: Über ihre jung verstorbene, jüngste SchwesterJuliane Bernhardine Benda (1752 bis 1783, ebenfalls Pianistin, Sängerin und Komponistin) finden sich etwas ausführlichere Informationen. Ob es daran liegt, dass diese in Berlin lebte und arbeitete? Mehr Selbstbewusstsein, mehr Geld für Kopisten, mehr PR-Geschick hatte? Von einem/r adligen Arbeitgeber/in wenig bis gar nicht abhängig war? Auf jeden Fall gibt es von ihr ein längeres Werkverzeichnis. Es existiert eine Druckausgabe von 1782 mit zwei Klaviersonaten und siebzehn Gesängen, die bei Bohn in Hamburg verlegt wurden.
Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek „Rokokosaal”, Weimar, Platz der Demokratie 1
In diesem Jahr könnte man sie in Erinnerung an ihren Geburtstag vor 280 Jahren (27.12.1742) ehren. – Das Datum ist offiziell der Tauftag. Aber da es damals wegen der großen Säuglingssterblichkeit üblich war, gleich nach der Geburt zu taufen, kann man annehmen, dass es auch ihr Geburtstag ist. 2020 hätte man anlässlich ihres Todestages vor 200 Jahren (02.08.1820) ebenfalls an sie erinnern können, an die Komponistin
Maria Carolina Benda
der seit 2020/21 eine Straße in Hof (Saale) gewidmet ist.
Zu allen der anfangs erwähnten drei Punkte finde ich nichts. Weder ein ehrendes Statement, noch ein ehrendes musikalisches Programm in Hof, Weimar oder … – noch ein Statement der Stadt Hof, warum man M. C. Benda, neben Emilie Mayer und Fanny Hensel, für eine Straßenbenennung ausgewählt hat! Auch sonst findet sich im Internet nichts Weiterführendes über sie außer mehr oder weniger kurze biografische Artikel oder Erwähnungen als Tochter, Schwester, Nichte, Ehefrau von … einer durchaus bedeutenden Musikerfamilie – auch keine Werke, gedruckt, gespielt oder als CD aufgenommen. Warum eigentlich?
Die Original-Noten müssten in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek (1691 gegründet) erhalten und aufbewahrt sein. Allerdings wurde 2004 durch einen Brand viel zerstört. Es ist fraglich, ob noch Noten erhalten blieben.
Foto: Von NoRud – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=42874816
77 liturgische Gesänge in Diastematischer Neumennotation (siehe Foto), sind uns noch nach rund 1000 Jahren von ihr bekannt. Sie ist nach Kassia die nächstfolgende uns bekannte Komponistin des Abendlandes. Ihre Werke gelten für deren Zeit außergewöhnlich und unverwechselbar.
die „Kämpferin“ oder auch die „Beschützerin“ (hiltja + gard)
Sie war eine inspirierende, selbstbewusste und durchsetzungsstarke Universalgelehrte. Im Alltag ist sie uns heute mehr bekannt als Ratgeberin und Rezepte-Lieferantin für alles, was gesund ist und gesund macht.
Allerdings: Komponist*innen unterschiedlicher Stilrichtung, von klassisch bis modern, beziehen sich bis heute direkt auf ihre Musik oder Texte, auf sie selbst
Hildegard von Bingen (1098 – 1179)
Nach ihr benannte Straßen gibt es z. B in Speichersdorf/Landkreis Bayreuth, Bamberg, Hof, Regensburg, Bremen, Weyhe (Niedersachsen) – und in vielen weiteren Städten. [Verlinkungen führen zu Seiten dieser Webseite]
Diplom-Soziologin, freiberuflich tätig, Feministin Typisch für ihre Biografie sind ihre Aussage „Nur reagieren ist nicht handeln!“ und das Zitat von Alev Ebüzziya Siesbye , das sie am Anfang eines ihrer Artikel stellt: „Das Wesentliche ist nicht, wer gewinnt, sondern dass niemand verliert.“
Über ihre Lebensstationen Türkei, Deutschland, Kasachstan und Ukraine und all ihre Aktivitäten zu schreiben sprengt diesen Text. Deshalb hier als Beispiel drei Gründungen, die sie gemeinsam mit anderen engagierten Frauen auf den Weg brachte, die ihre Einstellung mehr als bestätigen.
A. Das Internationale Frauen- und Mädchenzentrum e. V. in Nürnberg (Name seit 1996) Das Zentrum begann 1979/ 80 die Arbeit als Modellprojekt mit dreijähriger Laufzeit zur Erforschung der Sozialisationsbedingungen ausländischer Kleinkinder und Entwicklung von Beratungsformen für die Eltern. Weiterführung als Verein Mutter-Kind-Stube e. V. ab 1982.
B. Der Verein Frauen in der Einen Welt – Zentrum für interkulturelle Frauenalltagsforschung und internationalen Austausch e.V. (1989) Neben vielen wichtigen und vielseitigen Aktivitäten: 2003 Gründung des Mobilen Museums in Fürth/Bay. 2006 weitergeführt als Museum Frauenkultur Regional International, ebenfalls in Fürth/Bay.
C. Das virtuelle Frauenmuseum Istanbul, „2012 in Istanbul als erstes Frauenmuseum der Türkei gegründet. Es dokumentiert die Geschichte von schöpferischen Frauen seit der Stadtgründung durch alle geschichtlichen Epochen als Byzantion, Konstantinopel und Istanbul bis heute“ (www.wikiwand.com/de)
Foto: By Iercan – Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=53883770