Kategorie: Denkmal
geb. Eweler (21.3.1892 – 19.8.1963)
Nach 34 Jahren Dienst (1925-1959) ging die Hebamme von Bad Sassendorf/Kreis Soest in den Ruhestand.
1960 bekam sie für ihr Engagement das Bundesverdienstkreuz.
Aus ihrem Dankesbrief: „Ich freue mich besonders, weil damit gleichzeitig die aufopferungsvolle, der Gesundheit des Volkes dienende Arbeit meines Berufsstandes gewürdigt und geehrt wird.“
2012 wurde das Evangelische Familienzentrum in Bad Sassendorf nach ihr benannt.
Seit dem 7.3.2019 erinnert ein Denkmal auf dem Hof Haulle in Bad Sassendorf an sie (Bildhauer Michael Düchting): Eine Bronzeskulptur auf einem Sockel aus Anröchter Grünsandstein.
Inschrift an der Blockspitze des Sockels: „Für das Leben – Johanna Volke – 1892-1963 – Hebamme in der Gemeinde Bad Sassendorf“
Die ca. 60cm-hohe Skulptur zeigt, wie man sie kannte: mit Fahrrad, Hirtenhund Asso und Hebammentasche auf dem Gepäckträger.
Unmittelbar vor der Figur sind Fuß- und Radspuren im Stein angedeutet. „In der Ferne“ stehen die Kirchtürme von Sassendorf, Lohne und Weslarn.
Nicht nur die politische Gemeinde dankt Frau Volke auf diese Weise, sondern auch die Vielen, die sich für das Denkmal einsetzten und für seine Anschaffung spendeten.
Sie ist Tochter einer Tagelöhnerin und eines Schmiedegesellens.
Mit 6 J. verliert sie ihre Mutter, mit 12 J. ihren Vater.
Mit 20 J. heiratet sie.
Das Paar zieht zu seiner Mutter. Johanna arbeitet als Dienstmagd.
Sie bekommen 7 Kinder. Ein Sohn stirbt als Soldat im 2. Weltkrieg.
Mit 28 J. startet sie als Hebamme.
Mit 46 J. wird sie Witwe. Da ist das Einkommen als Hebamme nochmals wichtiger.
Sie muss dazu Wegestrecken von 3-4 km mit einem Fahrrad bei jeder Witterung und zu allen Tages- und Nachtzeiten zurücklegen.
Die 17jährige Älteste muss sich deshalb weitgehend um die kleinen Geschwister kümmern.
Die NS-Zeit verlangt neue Prüfungen für Hebammen, den Ariernachweis, „Rassehygiene“.
Sie kommt ihren „NS-Pflichten“ nicht nach. Im Gegenteil: Sie setzte sich zu ihren Lebzeiten bedingungslos für das Leben von Mutter und Kind sowie das Leben von Familien, in schwierigen und in Kriegszeiten ein. So hilft sie auch verschleppten Zwangsarbeiterinnen und meldet keine „erbkranken“ Kinder.
Mit 67 J. (1959) geht sie aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand.
weiterführende links:
- Soester Anzeiger 25.03.2012: „Johanna Volke“ gibt Familienzentrum Namen
- Ev. Johanna Volke Familienzentrum Bad Sassendorf (link)
- Ludger Tenberge, Soester Anzeiger, 15.11.2017: „Stille Heldin des Alltags“: Denkmal für Johanna Volke in Planung (link)
- Ludger Tenberge, Soester Anzeiger 21.03.2018: Johanna Volke: Michael Düchting soll Kunstwerk zu Ehren der Hebamme schaffen
- Evangelischer Kirchenkreis Soest-Arnsberg 2019: „Ein Denkmal für das Leben – Erinnerung an Johanna Volke steht stellvertretend für die vielen tausend Hebammen“ (link)
- Johanna-Volke-Denkmal auf Hof Haulle (link)
SKULD, Horneburg
SKULD,
eine der drei Nornen, Schicksalsfrauen, aus der nordischen Mythologie.
Ihr Name bedeutet „Schuld“, „das der Vergangenheit Geschuldete“, „Zukunft“.
Der Bildhauer Carsten Eggers (geb. 1957) wählte sie für seine Bronzeplastik zum 750-jährigen Bestehen von Horneburg (2005).
Sie symbolisiert für ihn „Geburt und den folgerichtigen Tod“.
Er gibt Skuld ein Stundenglas in die Hand, deren Sand aber bewusst nicht rinnt. „Es ist noch nichts entschieden, die Zukunft ist völlig offen“, sagt er.
Die Bronze steht für
die Hebamme MARIE OLGA KATHARINA BÄHR (gest. 1994)
und
die „Totenfrau“ KATHARINA LÜTJE (gest. 1980)
Der Künstler Carsten Eggers schuf sie aus Anlass des 750-jährigen Bestehens von Horneburg, Landkreis Stade
Für den Künstler C. Eggers ist SKULD die angemessene Erinnerung an zwei „noch gut bekannte“ Horneburger Frauen. An – laut Infotafel bei der Bronze:
die Hebamme „Schwester Käthe“
und die „Totenfrau“ KATHARINA LÜTJE
Sie stand den Sterbenden in ihren letzten Stunden bei, danach den Familien bei der Vorbereitung von Beerdigung und Abschied.
Das Denkmal steht stellvertretend für die vielen engagierten Frauen, wie der Direktor der Sparkasse Stade als Vertreter der Stifterin sagte.
Foto: Von Ilona Eggers – Egen Wark, CC BY-SA 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1546580
URL Plattdeutsche Seite Hornburgs: https://nds.wikipedia.org/wiki/Hornborg
weiterführende links:
Neben dem alten Rathaus von 1608 steht im Weinbauort Weyher in der Pfalz (Landkreis Südliche Weinstraße) seit dem 1. Juni 2000 der
KATTELBAS-BRUNNEN
Er ist benannt nach
KATHARINA LUTZ
genannt „die Kattelbas“: Kattel (Katharina) + Bas (Base, Kusine)
Foto des Brunnens: „2018_10 Keschdeweg Burrweiler“ by enbodenumer is licensed under CC BY-NC-SA 2.0. https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/2.0/?ref=openverse.
weiterführende links:
Die Unsichtbare*
Gehen Sie einmal durch Ihren Wohnort von Denkmal zu Denkmal. Sie werden viel über Geschichte, Machtverhältnisse, Künstler, Handel, Mythen und vieles mehr erfahren.
Haben Sie auf Ihrem Weg die vielen Leerstellen entdeckt (nicht zu verwechseln mit „leeren Plätzen“!), die auf Denkmäler von Frauen, Minderheiten, … (Ihre Wahl!) warten? Auf Denkmäler, um deren Umsetzung und Gestaltung sich bisher noch niemand gekümmert hat.
Oktober 2021: große Plakatwände in Nürnbergs Zentrum und unmittelbarer Umgebung stellten zwanzig solch möglicher Leerstellen vor, zusammen mit Kurzbiografien von Frauen, deren Denkmäler diese Plätze und, ganz allgemein, uns alle bereichern würden. Die Plakate waren Teil der Kunstaktion DIE UNSICHTBARE* (www.die-unsichtbare-nbg.de). Dazu gehörte auch ein Begleitprogramm.
Frauen und Orte suchte Initiatorin Lisa Hrubesch zusammen mit einem engagierten, kompetenten Team aus. Sie alle gehören dazu: Lydia Maria Taylor (Projektleitung), Nadja Bennewitz und Annette Schuster (Wissenschaftlerinnen), Max Hoffmann (Technik), Claudia Holzinger, Raphael Unger, Alexander Mrohs (Grafik/Fotografie), Judith Lange (Assistenz). Sie fanden auch mehrere unterstützende Kooperationspartner.
Aufruf
Frauen sichtbar machen, forschen zu Frauen und ihren Alltag weltweit, Ergebnisse veröffentlichen in vielfältiger Form, dazu Frauen vernetzen und ins Gespräch bringen, all das hat sich der Nürnberger multi-nationale/multi-kulturelle Verein Frauen in der Einen Welt seit 1989 zur Aufgabe gemacht.
2006 gründete er im ehemaligen Marstall des Schlosses Burgfarrnbach (Fürth) das Museum Frauenkultur Regional International. Trotz seiner Renovierungsbedürftigkeit ein ansprechender und gern genutzter Raum für die vielen Ausstellungen, die Zusammenarbeit mit Künstlerinnen, für Begegnungen, Gespräche und Feste.
2022 wurde der denkmalgeschützte Marstall verkauft. Das Museum muss Ende 2022 seine Pforten schließen. Die Frauen des Vereins müssen neue Orte für Museum und Lager finden. Extrem schwierig!
Darum veröffentlicht der Verein folgende Bitte:
„Wir wenden uns deshalb mit einem Aufruf an Künstlerinnen und alle Kunstschaffenden und kreativen Menschen, uns mit anregenden und aufregenden Postern dabei zu unterstützen, weiterhin den Erhalt des Museums zu gewährleisten.“
Einsendeschluss: 28. Februar 2022
Näheres und Details unter: www.frauenindereinenwelt.de
Die Unsichtbare*
Vorplatz des Nürnberger Staatstheaters (Foto), im Kunstprojekt DIE UNSICHTBARE* vorgeschlagen für ein Denkmal für
Friederike Caroline Neuber (1697 – 1760)
Zusammen mit ihrem Mann gründete sie die „Neuber´sche Komödiantengesellschaft“ in Leipzig. Sie reformierte die Arbeit des deutschen Theaters. Sie verbesserte die Arbeitsbedingungen und das Ansehen der Schauspieler*innen.
Viele Städte profitierten von ihrer Arbeit. U. a. führte sie ihr Weg auch nach Nürnberg, Braunschweig, Hamburg, Petersburg.
Fast ausschließlich in den östlichen Ländern Deutschlands wird an sie erinnert: „Häuser“, ein Denkmal in Dresden und mehr.
Eine Neuberin-Medaille verleiht die Stadt Reichenbach/Vogtland
In Blankenburg gibt es eine Stiftung und eine Straße mit ihrem Namen Zwei Preise sind nach ihr benannt: in Leipzig der Caroline-Neuber-Preis (seit 2020 erweitert durch das Internationale Caroline-Neuber-Stipendium), der INTHEGA-Theaterpreis „Die Neuberin“ (Sitz der INTHEGA = „Interessengemeinschaft der Städte mit Theatergastspielen e. V.“ in Ludwigsburg).
Die über Jahrhunderte schriftlich dokumentierte, gelehrte, historisch eindeutig belegbare säkulare und religiöse Geschichtsschreibung ist überwiegend die Geschichte der Macht, die der Mächtigen und Gewinner*innen und eine His-Story.
In Nürnberg gibt es eine wesentlich „menschlichere“ Erzählung über die Auswirkungen eines historischen Umbruchs – in der Sieg und Niederlage sich die Waage halten (bei Männern wie Frauen).
Barbara Pirckheimer (1467 – 1532): Mitglid einer Nürnberger „Adels“-/ Patrizierfamilie, mit einer hervorragenden humanistischen Bildung. So war es ihr als Erwachsene möglich, einen ausgiebigen (theologischen) Briefwechsel mit berühmten Gelehrten ihrer Zeit, aber auch eine tiefgreifende und zwingende Auseinandersetzung mit den Thesen und den mächtigen Vertretern der „Reformation“ zu führen.
Mit 16 Jahren tritt sie freiwillig in den Konvent der Klarissen ein und nennt sich nun Caritas.
Mit 36 Jahren (1503) wird sie Äbtissin. Ein wichtiges Anliegen ist ihr u.a. die Bildung der ca. 60 Klosterschwestern. Dazu gehörte auch das Erlernen der lateinischen Sprache, um den gelehrten und gelebten Glauben zu verstehen, sich mit diesem auseinandersetzen und im besten Fall verteidigen zu können.
Ab 1525 wendet sich Nürnberg der Reformation zu. Alle Klöster werden radikal geschlossen. Mönche und Nonnen werden zwangsweise ihrer Gelübde entbunden, ihren Familien „zurückgegeben“, verheiratet ….
Caritas und ihre Mitschwestern wehren sich heftig gegen eine Säkularisation (Nur eine Nonne verlässt freiwillig das Kloster). Mit Hilfe von Philipp Melanchton erreichen sie, dass der Stadtrat das Kloster weiter existieren lässt. Es darf nur keine neue Novizin mehr aufgenommen werden. 1596 stirbt das Kloster buchstäblich aus.
Sieg? Niederlage?
„Sieg“ aus heutiger Sicht: Caritas P. und ihre Schriften sind bis heute unvergessen. Die Akademie Caritas-Pirckheimer-Haus beruft sich auf sie, auf ihr Pochen auf breite (Mädchen-/ Frauen-) Bildung, auf ihre Bereitschaft zum offenen und intensiven Dialog auch mit Fremden, mit Andersdenkenden – aber auch auszuhalten, „Ärgernis“ für Viele zu sein. Und auch heute noch existiert die Klarakirche mit vorbildlichen Angeboten für Student*innen und als sog. Citykirche. Der ehemalige Kreuzgang ist ein öffentlich zugänglicher, ansprechender, ruhiger Innenhof.
Es gibt zwei Skulpturen von ihr im Innenhof, ein Relief in der benachbarten Straße (angebracht 1972), eine Statue in der Klarakirche. Es gibt/gab auch ein Denkmal (1928 von Balthasar Schmitt), aber wo ist es heute?
Seit 2009 wird von der Akademie jährlich der Caritas-Pirckheimer-Preis verliehen. Die Pirckheimerstraße in Nürnberg ist nicht ihr, sondern ihrem Bruder Willibald gewidmet.
Straßen sind nach ihr benannt z.B in Roßtal und Veitsbronn
Es gibt Caritas-Pirckheimer-Häuser in Nürnberg und Eichstätt
Johanna Linde Hübsch
Ein ungewöhnliches Denkmal für eine ungewöhnliche Frau:
Johanna Linde Hübsch (1935 – 2002)
Auch sie stand durchgehend rund 40 Jahre auf den Märkten Nürnbergs (ca. 1958 – 1998), allerdings nicht als Bäuerin, sondern als Verkäuferin von Fertigsuppen, Fertigsaucen etc. einer bekannten Firma.
Alle, die sie kennenlernen durften, vom ehemaligen Schulkind bis hin zu den Erwachsenen, erinnern sich an ihre freundliche Art, an ihre Gabe zuzuhören – und an ihre Frage an Kinder, Kunden, Vorübergehende, ob Manager oder Obdachlose, …: „A Tässle Supp’n?“, ohne dass diese hinterher sich gezwungen fühlen mussten, etwas kaufen zu müssen. In einem Bericht über sie steht, dass sie täglich bis zu 300 l kostenlose heiße Brühe ausschenkte.
Nur so nebenbei: sie war Frau eines Pfarrers, so dass sie sicher auch Verpflichtungen in der Gemeinde hatte. Und sie hatte sechs Kinder. Sie muss eine unendliche Energie gehabt und in einem symbolischen Dorf gelebt haben – frei nach der Weisheit „Um Kinder groß zu ziehen braucht es ein Dorf“.
1999 bekam sie die„Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“
Im März 2003 wurde in Erinnerung an sie eine Linde gepflanzt (in der Nähe des Hauptmarkts, östlich der Lorenzkirche). Wer sie kannte und heute an dem Baum vorbeikommt „denkt daran, wie wohltuend eine Begegnung mit der Marktfrau und ihrer heißen Brühe war“ (NN 15.12.2018)
„die Marcharedd“
Das Knoblauchsland, nördlich von Nürnberg, ist eines der größten zusammenhängenden Gemüseanbaugebiete seiner Art in Deutschland. Margarethe Engelhardt (ca. 1935 – 2001), hatte dort ihren Hof. Bei Wind und Wetter verkaufte sie von 1948 bis 1997 durchgängig auf dem Nürnberger Hauptmarkt die Erzeugnisse ihres Hofes.
Sie war „eine Institution“ und bei allen Kunden nur bekannt als „die Marcharedd„. Ihre Standardbegrüßung „Was braung mern heit?“ („Was brauchen wir heute?“) war legendär.
Sie blickt auch heute noch durchgängig und ungehindert auf „ihren“ Hauptmarkt“: Zur Erinnerung an sie gestaltete die Künstlerin Barbara Kastl-Salaris 2001 eine Bronzebüste, die an der Südostecke des Hauptmarktes angebracht ist.
Foto: Dank dir, Anaïs!