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„die Marcharedd“

Das Knoblauchsland, nördlich von Nürnberg, ist eines der größten zusammenhängenden Gemüseanbaugebiete seiner Art in Deutschland. Margarethe Engelhardt (ca. 1935 – 2001), hatte dort ihren Hof. Bei Wind und Wetter verkaufte sie von 1948 bis 1997 durchgängig auf dem Nürnberger Hauptmarkt die Erzeugnisse ihres Hofes.

Sie war „eine Institution“ und bei allen Kunden nur bekannt als „die Marcharedd„. Ihre Standardbegrüßung „Was braung mern heit?“ („Was brauchen wir heute?“) war legendär.

Sie blickt auch heute noch durchgängig und ungehindert auf „ihren“ Hauptmarkt“: Zur Erinnerung an sie gestaltete die Künstlerin Barbara Kastl-Salaris 2001 eine Bronzebüste, die an der Südostecke des Hauptmarktes angebracht ist.

Foto: Dank dir, Anaïs!

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Emerenz Meier

Passend und wenig strittig finde ich das Bronze-Denkmal, das die Künstlerin Christine Wagner 2008 im Auftrag der Soroptimistinnen der Stadt Passau geschaffen hat.

Die Büste erinnert an Emerenz Meier (1874 – 1928). Geboren in Niederbayern/Bayr. Wald, nahe der tschechischen und österreichischen Grenze – eine arme Gegend mit vorwiegend Land- und Waldwirtschaft und bescheidenen Glasbläsereien.

E. Meier war ganz offensichtlich sehr intelligent und lernbegierig. Ihrer Leidenschaft zu lernen, zu lesen, zu dichten und Erzählungen, Theaterstücke zu schreiben konnte sie nur begrenzt neben ihrer schweren Arbeit in der Landwirtschaft nachgehen. Ihre Arbeiten wurden veröffentlich, sie wurde bekannt, Stücke von ihr wurden im Passauer Stadttheater aufgeführt. Das brachte ihr auch Anerkennung durch verschiedene bekannte Künstler und ein Auftritt bei Hofe beim bayr. Prinzen Ludwig Ferdinand ein. Sie gilt als eine der bedeutendsten bayerischen Volks-/Heimatdichterinnen.

Aber weder diese Anerkennungen noch das Betreiben einer Künstlerkneipe (1902/003) in Passau, brachten wesentlichen finanziellen Erfolg.
Zusammen mit ihrer verarmten Familie wanderte sie schließlich 1906 in die USA aus.

Sie heiratete zwei Mal, bekam einen Sohn. Sie schrieb weiterhin Erzählungen und Gedichte, soweit es ihr neben dem Überlebenskampf möglich war.

Ihren Wunsch mit 53 Jahren, voll als Schriftstellerin durchzustarten, konnte sie wegen ihrer schlechten Gesundheit nicht mehr umsetzen. Sie starb mit 54 Jahren in Chicago.

Mehrere Straßen in Nieder- und Oberbayern erinnern an sie, z.B. in Neuötting, Markt Schwaben, Osterhofen, Passau, Waldkirchen.

Mir gefällt die Entscheidung ihres Heimatortes Schiefweg, sie als konkretes Beispiel für das Schicksal vieler Generationen an deutschen Auswanderern zu nehmen, die (oft aus wirtschaftlichen Gründen) versucht haben, in anderen Ländern und Kontinenten bessere Lebensbedingungen zu finden. E. Meiers Geburtshaus wurde deshalb zu einem Auswanderermuseum.

Foto von Anaïs. Danke dir!

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missing icons

Seit Oktober 2021 steht das neueste Kunstwerk der beiden Künstlerinnen Andrea Knobloch (* 1961) und Ute Vorkoeper (* 1963), den „missing icons“, auf dem Nelson-Mandela-Platz, südlich des Nürnberger Hauptbahnhofs:
Ein Denkmal für Nelson Mandela in dessen Lebensgröße (ca. 183 cm.) mit einem Rohdiamanten in der gedachten Herzregion.
Obwohl es „nur“ aus aus einer durchsichtigen Acrylglasstele mit eingeschlossenem Diamanten besteht, ist es präsent, unübersehbar und zieht Jung und Alt an.

Die beiden Künstlerinnen arbeiten seit 2013 zusammen und gründeten 2017 „missing icons“. Auf ihrer Webseite schreiben sie u.a.: „missing icons sind real virtualities. Sie materialisieren Unsichtbares, Unbestimmtes und Unvorstellbares. …“

In Hamburg entsteht ab Oktober 2021 das nächste, aufrüttelnde, Kunstwerk „Stigma“.

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Denkmäler heute

Und wo sind die Denkmäler für reale, historische oder noch lebende Frauen?

Es wäre reizvoll, diese allein schon in Deutschland zu suchen und unter verschiedenen Aspekten zu vergleichen. Z. B. meine mich z. Zt. beschäftigende Frage: Führt die z. T. unterschiedliche Lebens- und Kulturwelt von Frauen und Männern zu unterschiedlichen Formen an Denkmälern – in der Wahl der Darstellung, von Materialien, von Standorten …? Oder sind die Denkmäler nur vom individuellen Wesen, nur von der gesellschaftlichen Position der dargestellten Person – oder nur von der gerade herrschenden Kunstrichtung abhängig? Oder …?

In Deutschland fällt mir kein Reiterstandbild mit einer Adligen oder einer Heerführerin ein. Ihnen?

Großer Wirbel in allen Medien, als der Künstler Wilhelm Koch im Oktober 2021 ein Reiterstandbild von Angela Merkel veröffentlichte (eine „2,70 Meter hohe lebensgroße Skulptur aus Leichtbeton und mittels eines entsprechenden 3D-Druckers“ beim Tempel Museum Etsdorf/Landkreis Amberg-Sulzbach, Oberpfalz, Bay.).

Der Künstler fragt: „Würdigung oder Ironie?“

Ich frage: Ist ein Reiterstandbild noch eine zeitgemäße Darstellung einer gesellschaftlichen Position? Oder passt besser Dienstlimousine, Rednerpult, …?

Passt für ein Denkmal ein Pferd als Standessymbol nur „wesensmäßig“ nicht zu Frau Merkel? Passt es besser zu Frau von der Leyen oder Herrn Steinmeier?
Oder sollten heutzutage Denkmäler für Personen nur noch abstrakt gestaltet sein?

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Denkmäler

Ihnen fallen sicher viele konkrete Denkmäler im öffentlichen Raum ein: Denkmäler im übertragenen wie im konkreten Sinn – und auch gefallene. Wofür oder an wen erinner(te)n dargestellte Personen? Wann wurden die Denkmäler errichtet, in welchem Stil? Mit welchen Materialien? Standplatz?

Beim gedanklichen Stöbern drängt sich mir die Frage auf (frei nach einem Chanson): Sag mir, wo die Frauen sind. Wo sind sie geblieben?

Doch, doch, es gibt sie, die Frauen, sogar sehr häufig. Aber – von wenigen Ausnahmen abgesehen wie die Bavaria oder Jeanne d’Arc – nicht protzig, auf einem steinernen, bronzenen, goldenen, … Pferd, nicht meterhoch „in Stein gemeißelt“ und unübersehbar mitten auf einem großen Platz, nicht übergehbar bei Tourismusführungen!

Und doch: So offen! So unübersehbar! Aber auch so anonym! – dass wir sie im Alltag buchstäblich nicht wahr-nehmen, sie über-sehen. Ich greife zwei im hiesigen/„westlichen“ Raum besonders dominierende Beispiele heraus:

  • Einmal die historische Maria: geb. ca. 17 v. Chr., mit ca. 13 J. erstes Mal Mutter (von Jesus), verheiratet mit Josef, Handwerkersfrau. Sie wurde allerdings in den letzten rund 2000 Jahren religiös so beschlagnahmt und entsprechend dargestellt, dass sie so gut wie nicht mehr als historisch eigenständige Frau erkennbar ist.
  • Zum Anderen Allegorien wie „die Tugend“, die auf Schritt und Tritt „weibliches Benehmen“ dokumentieren und von Frauen auch einfordern. Oder haben Sie z. B. schon mal von der Forderung gehört, dass ein Mann „tugendhaft, sittsam und rein“ sein sollte?

Symbole, Kunst-Figuren – aber häufig reale, historische Gesichter: die der Ehefrau, Freundin, Mutter, Tochter, Nachbarin, … der Künstler. Schade, dass wir in der Regel nichts weiter von diesen wissen.
So sind sie leider „nur“ Denkmäler für Ideale und für „ideale Frauen“.