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GLASHÜTTE HENRIETTENTHAL

zu Landkreis Sonneberg – Straßen, Wege, Plätze u.ä.

Es fasziniert mich immer wieder von Neuem, wie viele Informationen ich als Ortsfremde zu Geologie, Pflanzen, Tiere, geschichtlichen, politischen, sozialen und städtebaulichen Verhältnissen erhalte – allein durch das Beschäftigen mit den Benennungen von Orten, Straßen, Sehenswürdigkeiten …
Wenig überraschend, wie viele Benennungen im Laufe der Zeit, trotz ständigen Gebrauchs, für die Benutzer*innen an inhaltlicher Bedeutung verlieren – und damit auch die Erinnerungen an die Namengeber …

Zusammengesetzte Ortsnamen mit „Hütte“ oder „Grub“ oder „Erzgebirge“, „Thüringisches Schiefergebirge“ u.a. zeigen im Oberfränkisch-Südthüringschen das Vorkommen einer Vielfalt an Bodenschätzen. Besonders bekannt und politisch, wirtschaftlich wichtig Uran, Schiefer, Eisenerz, Sand.

Franken ist „berüchtigt“ für seine politische Kleinstaaterei in früheren Jahrhunderten. Offensichtlich wurde hier Besitz meist an alle Söhne gleichmäßig verteilt und nicht auf einen Erben konzentriert. Einwohner kannten deshalb die „Herrschaften“ dieser Miniterritorien oft persönlich und hatten z.T. eine Beziehung zu einzelnen Mitgliedern des Hauses.


HENRIETTENTHAL ist ein ehemals selbstständiges Anwesen um eine ehemalige GLASHÜTTE in einem Seitental des Lauschatals (Hüttenprivileg vom 22.07.1720). Die Hütte wurde nach einer Prinzessin HENRIETTE des Hauses Sachsen-Saalfeld benannt.
Warum? War es eine Formalie? War die Prinzessin besonders „volkstümlich“? Kümmerte sie sich um Hilfsbedürftige, um Bergarbeiterfamilien? War sie, wie wir heute sagen würden, eine Influencerin? – Wer war sie überhaupt?
Ich fand keine Antworten.

Bergbau war und ist ein hartes und gefährliches Geschäft. Häufig bekamen deshalb Gruben, und Hütten Heiligennamen als Wunsch nach himmlischem Schutz. Es gibt heute auch Arbeiten mit Hintergründen dazu. Ich fand interessant, dass die meisten Bergwerksnamen aus der Zeit des 15. bis 19. Jahrhunderts stammen sollen.
Im Landkreis Sonneberg wurden Gruben und Hütten aber auch nach realen Frauen benannt.


Ich möchte diese Gruben und Hütten neben ihrem wirtschaftlichen Nutzen auch als Denkmäler für diese Frauen betrachten. Als eine andere Art von „Denkmal“ als wir es heute allgemein definieren.

Weiterführende Links:
Henriettenthal (wikipedia)
Sachsen-Coburg-Saalfeld (wikipedia)
Ernestinische Herzogtümer (wikipedia)
Glasbläserstadt Lauscha im Thüringer Wald (home)

Stand: 2.2024

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Wussten Sie schon…? (1)

zu Landkreis Sonneberg – Straßen, Wege, Plätze u.ä.

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  • der Landkreis bunt ist und sich seine geschichtliche und heutige Vielfalt zu entdecken lohnt?
  • der Landkreis Sonneberg auf einer Fläche von rund 461 qkm im Süden des Freistaates Thüringen liegt und rund 56.700 Menschen hier zuhause sind?
  • hier der Naturpark Thüringer Wald, das Thüringer Schiefergebirge und der  Frankenwald zum Entdecken einlädt, z. B. im „GEOPARK Schieferland“?
  • die Stadt Lauscha durch den Bau einer Glashütte gegründet wurde, die Wiege des gläsernen Christbaumschmucks und ein Zentrum der Menschenaugen aus Glas ist?

Stand: 02.2024

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Hedwig Kost

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* 08.11.1871 (Steinach)
† 01.02.1949 (Sonneberg)

„Tante Hedwig“ ist bis heute eine gefragte Frau – in Sonneberg, Thüringen und darüber hinaus, obwohl sie schon so lange tot ist. Das von ihr geschriebene Kochbuch – mehrmals „leicht bearbeitet“ neu aufgelegt – wird bis heute gekauft.

Im Internet finden sich nur minimale Informationen über sie: dass sie zur Schule geht und dass sie Köchin wird.

Irgendwann wird sie Lehrerin an der städtischen Kochschule von Sonneberg.

1929 wird sie Leiterin dieser Kochschule (1887 gegründet).

1913 erscheint ihr über 300-seitiges „Kochbuch“: Rezepte der Kochschule in Sonneberg i. Thür. Das Kochbuch gliedert sich in Haushaltsführung, Nahrungsmittellehre, Kochanweisung, Küchenzettel und Speisefolge, dazu die Kunst des Tischedeckens.

Schon 1935 erscheint die fünfte Auflage des „Kochbuches“.

2009 die 4. Auflage der Neuausgabe von 1990.

Die Stadt Sonneberg ehrt sie mit einer Straßenbenennung: Hedwig-Kost-Straße.

weiterführende Links:

  • ihr Kloßrezept aus wikibooks
  • Bedeutende Persönlichkeiten der Stadt Sonneberg (link)
  • Deutsche Nationalbibliothek (link)
  • Eine kurze Geschichte des deutschen Kochbuches (yumpu)

interne Links:

  • Landkreis Sonneberg – Straßen, Wege, Plätze u.ä. (link)

Stand: 01.2024

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Katalin Karikó

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Sie studierte Biochemie an einer der größten Universitäten in Ungarn, in Szeged. Das Studium schloss sie mit einer Doktorarbeit ab. Anschließend forschte sie weiter an der Ungarischen Akademie der Wissenschaften.
Ihr Forschungsgebiet ist seit ihrer Doktorarbeit die RNA (Ribonukleinsäure). Diese ist bei bestimmten Viren (z.B. den CORONA-Viren) Träger derer Erbinformationen. Diese lösen bei Tieren und Menschen eine Reaktion des Immunsystems aus. Karikós Fragestellung: wie kann man diese Immunreaktion unterdrücken?

1985 wandert sie mit Mann und Tochter in die USA aus.
Sie forscht dort weiter an der University of Pennsylvania. Zusammen mit dem Immunologen Drew Weissman findet sie heraus, wie man die Immunreaktion unterdrücken kann. Sie veröffentlichen ihre Ergebnisse 2005!
Sie forschen nun weiter an der Entwicklung von Medikamenten auf mRNA-Basis. DIE BASISforschung für die spätere Entwicklung des CORONA-Impfstoffes.

Karikó verliert ihre Uni-Stelle, weil es ihr nicht gelang, Drittmittel für ihre Forschung einzuwerben. Die Uni verkauft ganz legal „ihr“ Patent.
Der Harvard-Professor Derrick Rossi greift ihre Technologie auf, gründet 2010 die Firma „Moderna“ und entwickelt die Technologie weiter zum bekannten „Moderna-Impfstoff“ gegen Corona.
Sie selbst zieht weiter nach Deutschland.
Sie wird „Senior Vice President“ bei BioNTech, einem Unternehmen, das 2020 einen mRNA-basierten Impfstoff gegen COVID-19 entwickelte. – Jetzt etwas zu Corona oder den Impfstoffen zu schreiben wäre „Eulen nach Athen tragen“, oder?

September 2022 zieht sie zurück nach Ungarn.
Seitdem ist sie Professorin an ihrer ehemaligen Universität Szeged – und, welche Ironie, „Adjunct Professor“ der Perelman School of Medicine an der University of Pennsylvania.
Ihre Liste an renommierten Preisen und Auszeichnungen ist lang.
On top erhält sie zusammen mit Prof. Drew Weissman 2023 den „Nobelpreis für Physiologie oder Medizin“.

weiterführende Links (Auswahl)

Stand: 01.2024

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Henriette Davidis

Johanna Friederika HENRIETTE Katharina DAVIDIS
* 1. März 1801 in Wengern, NRW
† 3. April 1876 in Dortmund, NRW

H. Davidis hat eine für ihre Zeit ungewöhnliche Biografie, und definitiv eine, die nicht zu der von ihr propagierten und bedienten bürgerlichen Schicht passte.
Geboren in eine Pfarrfamilie – als Jugendliche lebte sie für zwei Jahre bei ihrer verheirateten Schwester im Schloss von Schwelm, sie besuchte dort die „höhere Töchterschule“ – zwei Verlobte sterben vor einer Eheschließung – sie bleibt zeitlebens ledig.
Sie unterstützte die Familie ihrer Schwester und ihre verwitwete Mutter. Nach deren Tod arbeitet sie als Erzieherin und Gouvernante.

1844 veröffentlicht sie ihr „Praktisches Kochbuch“ (2. Aufl. 1845, 3. Aufl. 1846, 4. Aufl. 1848, …). Viel später beklagte sie sich darüber, dass der herausgebende Verlag ihre geschäftliche Unerfahrenheit heftig zu seinem Gunsten ausgenutzt und sie am finanziellen Erfolg ihrer Veröffentlichungen nicht angemessen beteiligt hat. Einige Werke, wie z.B. 1856 „Puppenmutti Anna“, veröffentlichte sie deshalb auch bei einem anderen Verlag. Erst rund 16 Jahre vor ihrem Tod bekam sie so viel Bezahlung, dass sie sich eine eigene Wohnung mieten konnte.

Der Erfolg des Kochbuchs inspirierte HENRIETTE DAVIDIS zu weiteren hauswirtschaftlichen Grundlagen-Büchern (Haushalt samt Gemüsegarten) für Kinder und junge Frauen des Bürgertums.
Sie gilt ab den 1860ern als hauswirtschaftliche Autorität. Und so bekommt sie Werbeaufträge für Geräte- und Produkt-Neuheiten. Sie macht in ihren Büchern, wie wir heute sagen, „Produktplacement“, wie weit bezahlt oder unbezahlt ist heute unbekannt.
Sie ist die erfolgreichste und bekannteste Kochbuchautorin des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts – auf jeden Fall in Westfalen. Wie weit in anderen Regionen Deutschlands? Schwer zu sagen. Was damals im Ausland bekannt und verbreitet wird, hängt ja auch immer von der Heimatregion der jeweiligen Auswanderer ab. – Gehen Sie z.B. mal in den USA „deutsch“ essen. Echt? Das ist „deutsch“? Ja, geprägt von Auswanderern einer bestimmten Region Deutschlands!

In Milwaukee/USA wurde das Buch 1879 „für die Deutschen in Amerika“ auf Deutsch herausgegeben: „Vermehrt und verbessert durch Aufnahme von Recepten zu den in Amerika landesüblichen Speisen, Backwerken etc., und durch Uebertragung des deutschen in amerikanisches Maß und Gewicht, sowie durch Hinzufügung eines Speisezettels für Kranke aller Art“.
Auf jeden Fall gab es Übersetzungen ins Englische, Dänische, Niederländische und Französische.
Nach Davidis Tod „überarbeiteten“ und erweiterten viele weitere Autor*innen ihr Kochbuch, veröffentlichten Raubkopien. Erst die offiziellen Neuauflagen ab 1990 halten sich wieder eng an die Erstausgabe.

Sie pflegen gezielt Davidis Erbe:
a) Die „Henriette-Davidis-Gesellschaft e.V.“ fördert das „Deutsche Kochbuchmuseum“ in Dortmund mit dessen wissenschaftlicher und museumspädagogischer Arbeit.
b) Das Henriette-Davidis-Museum der Stadt Wetter (Ruhr) mit Davidis-Büchern und Themen des biedermeierlichen Lebens.

weiterführende Links:

Stand: 01.2024

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ANNA MARGARETHE BERGNER

geb. Marx
geb. 28.7.1800, Trier; gest. 22.4.1882, Bad Dürkheim

Nein, ich konnte sie nicht aussparen – obwohl ich sie ursprünglich nicht vorstellen wollte: „DIE SCHÖNE ANNA“, Wirtin und „begnadete Küchenmeisterin“. Ihr gehörte zusammen mit ihrem Mann das in Bad Dürkheim eröffnete Hotel „Vier Jahreszeiten“. Erste Adresse für königliche Gäste, berühmte Künstler und „das feine bürgerliche Publikum“.

Aber wann findet man schon in jenen Tagen eine so erfrischend und selbstverständlich selbstbewusste Frau. Zeitgenossen beschrieben sie als „emanzipiert, charismatisch und kultiviert“.

Über sie existieren viele Anekdoten.
Z.B. lud sie 1843 in einer Anzeige nur in eigenem Namen zu einem Konzert mit Ball ein. Dies führte zu süffisanten Nachfragen, z.B. ob denn ihr Mann „schreib‑, mund‑ oder gar mausetodt“ sei.


Ihr „Pfälzer Kochbuch. Eine Sammlung von 1002 praktisch bewährten Kochrecepten aller Art, begründet auf 30-jährige Erfahrung – den deutschen Frauen und Töchtern gewidmet“ gibt sie nach ihrer Hotel-Zeit 1858 heraus.
[Reprint Edition Forsthaus Weilach 1, Auflage 1997; Neuausgabe 2008, pro Message Verlag; 2017 Taschenbuch-Nachdruck des Originals von 1858]

Anmerkung der Verfasserin 1858:
„Wegen des [Kochbuch]Titels … kann ich zur Rechtfertigung nur anführen, daß die Pfalz, als das Paladium des d e u t s c h e n  R e i c h e s, als die Perle an der deutschen Kaiserkrone betrachtet wurde, – daß sie zur Zeit der deutschen Reichsherrlichkeit mit den schönsten Schlössern und reichsten Klöstern erfüllt war … auch die feinste Küche gefunden wurde und die ausgebildete Kochkunst heimisch war, die bis zur Gegenwart, ja auf die spätesten Enkel des lebensfrohen pfälzischen Volksstammes sich vererbt hat.“

Kochbuch Einleitung 1858:
„… Ich kann es nämlich mit großer Bestimmtheit behaupten, daß oft durch die Unkenntniß einer Hausfrau im Kochen manches eheliche Glück gestört wird, während sich eine im Kochen wohl erfahrene Hausfrau die Achtung und Liebe ihres Gemahls in erhöhtem Maße erwirbt. Auch dem Gesinde gegenüber ist dies einer Haufrau von Nutzen, da sie oft ihre Dienstboten nur deßhalb länger behält, weil diese glauben, bei ihr Etwas lernen zu können.

Zuerst muß ich Reinlichkeit als die schönste Zierde einer Köchin hervorheben. …

In Bezug auf die Kochrecepte bemerke ich Folgendes: Als Maaß gebrauche ich den rheinbayerischen Schoppen (1/2 Liter). …“

Es folgen Empfehlungen für gutes Geschirr, welche Lebensmittel und Gewürze als Basis vorhanden sein müssen, welche Themen sie behandelt, u.a. auch Resteverwertung.

Auf ihre Schildkröten-Suppe verzichte ich gerne, aber ihre Mandelmilch-Suppe klingt gut. Das Rezept erinnert mich an die indische ‚dicke Kokosmilch‘:

Im Heimatmuseum Bad Dürkheim „serviert sie“ heute auf Knopfdruck virtuell Saumagen und Kartoffelsuppe.

Rezept Mandelmilch-Suppe:

weiterführende Links:

  • Biografie (link)
  • Heimatmuseum Bad Dürkheim (link)
  • „Bad Dürkheim Schöne Anna kocht auf Knopfdruck“, 21. Mai 2019 (link)
  • „Rheinland-Pfalz Aal von der schönen Anna“, 08. Dezember 2018 (link)
  • Anna Bergner: Pfälzer Kochbuch: Eine Sammlung von 1002 praktisch bewährten Kochrecepten. Mannheim 1858 (download möglich)
    Hinweis: bei vielen Titeln steht „Iraktisch“. Das ist ein Druckfehler und heißt eigentlich „Praktisch“.
  • Anna Bergner: Anna Bergner’s Kochbuch: Quintessenz der rheinischen Kochkunst. Für bürgerliche Haushaltungen. Mannheim 1870

Stand: 01.2024

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blog Singles 2024 blogt Literaturnobelpreis Nobelpreis

Gabriela Mistral

Text:

LUCILA GODOY ALCAYAGA
alias „Gabriela Mistral“
* 7.04.1889 in Vicuña, Chile
† 10.01.1957 in Hempstead, New York

Ihr Alias wählte sie nach dem Mistral, dem heftigen
Mittelmeerwind, und ihren Lieblingsdichtern
Gabriele D’Annunzio und Frédéric Mistral.

Sie war die erst fünfte Literaturnobelpreisträgerin
von 44 Literaturnobelpreisträgern.

Sie war die erste Literaturpreisträgerin Südamerikas.
Dass sie diesen Preis gerade 1945 erhielt war ein
starkes Signal am Start der Neuordnung der Welt,
am Ende der „klassischen“ Kolonialzeit, am Anfang
vom Ende der eurozentrischen Dominanz.

Lange vor dem Literaturnobelpreis gehörten Mistrals
Werke zum „lateinamerikanischen Literaturkanon“,
waren/sind Schullektüre.

Sie war schon zu ihren Lebzeiten und vor der Verleihung
des Nobelpreises berühmt und eine „National-Ikone“.
Es rankten sich um sie auch viele Mythen und
(sie instrumentalisierende) Zuschreibungen.

Erst in neuerer Zeit bemüht man sich um einen
ausgewogeneren kontext- und quellenbezogenen
Umgang mit ihrem Leben und Werk.

weiterführende Links:

  • Nobel Foundation: The Nobel Prize in Literature 1945 (link, EN)
  • Susanne Klengel (Gabriela Mistral)
  • Marília Jöhnk („Poetik des Kolibris„)
  • Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Archiv (HWWA) (Zeitungsausschnitte 1937-1981)
  • Gabriela Mistral (fembio)
  • Gabriela Mistral (wikipedia)

    Stand: 01.2024
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Feiertagsgrüße

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Biografien blog Themen 2023 blogt Kochbuch

ANNA SOPHIA WILHELMINA (Wilhelmine) SCHEIBLER

geb. Koblanck
geb. ca. 1750; gest. vor 1829

Sie war Tochter eines Amtschirurgen (Chirurg = nichtakademischer Arzt!).
Sie war mit dem Berliner Kaufmann B. W. Scheibler verheiratet. Sie hatten 5 Söhne.
Mehr Biografisches ist über sie selbst nicht bekannt.

Scheiblers Kochbuch (Erstauflage1815) gilt für den Brandenburger Raum als genauso wichtig, erfolgreich und berühmt wie später das der Henriette Davidis in Westfalen. Um 1850 herum hatte es eine Auflage von 150.000 Exemplaren. 1927 gab es die 47. Aufl., nach Pause 1977 die 48. Aufl. – Raub-Nachdrucke nicht gezählt!

Titel: „Allgemeines deutsches Kochbuch für bürgerliche Haushaltungen oder gründliche Anweisung, wie man ohne Vorkenntnisse alle Arten Speisen und Backwerk auf die wohlfeilste und schmackhafteste Art zubereiten kann.
Ein unentbehrliches Handbuch für angehende Hausmütter, Haushälterinnen und Köchinnen.“

Im Vorwort wird breit ausgeführt: Das Wichtigste sind Sauberkeit, Ordnung, Geduld.

KLASSIFIZIERUNG der KOCHKUNST in Scheiblers „Vorerinnerungen und Bemerkungen“ (in der 4. Auflage 1845) – in Auszügen, mit meiner Großschreibung:

„Die KOCHKUNST lässt sich in DREI KLASSEN einteilen.
Die erste derselben bildet die KÜNSTLICHE = HERRSCHAFTLICHE: d.h. Zubereitung aller feinen Sachen, Flügelwerks und aller schwierigen Zusammensetzungen … Sache der dazu angestellten KÖCHE

Die zweite Klasse für den HÖHEREN WOHLSTAND: auch herrschaftlich, doch in einem minder hohen Grade … Eine gute KÖCHIN sieht schon mehr auf Ökonomie …

Die dritte Klasse bildet die BÜRGERLICHE KOCHKUNST … Hier sieht man hauptsächlich auf den GESCHMACK … Gleichzeitig begreift diese Klasse die der MITTELSTÄNDE und die der GUTEN HAUSMANNSTISCHE … Anordnung der klugen HAUSFRAU .., die nach dem Geschmacke und den Verhältnissen des HAUSHERRN sich einzurichten natürlich für Pflicht hält.

In Betreff der unbemittelten Volksklasse, welche sich einer strengen Ökonomie unterwerfen und nur dieser nachleben muss, lässt sich, in Hinsicht der Kochkunst, weiter nichts sagen.“

weiterführende Links:

  • Sophie Wilhelmine Scheibler (wikipedia)
  • „Allgemeines Deutsches Kochbuch für alle Stände …“ 1835
    (download möglich)
  • „Allgemeines Deutsches Kochbuch für alle Stände …“ 1845
    (download möglich)
  • „Allgemeines Deutsches Kochbuch für alle Stände …“ 1887
    (download möglich)
  • Virtuelles Kochbuchmuseum (link)
  • Ahnentafel (link)
  • Uralte Kochrezepte sind nicht zeitgemäß (Frag-Mutti)
  • Hinweis: Das erste Kochbuch für Arbeiterfrauen „Das häusliche Glück“ wurde 1881 von der AWO herausgegeben (download möglich) und wurde innerhalb eines Jahres ein Bestseller.

Stand: 12.2023

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Biografien blog Themen 2023 blogt Kochbuch

MARIE ELSASSER

geb. wahrscheinlich 1864
gest. 1907

Die Rezepte ihres Kochbuchs (Erstausgabe 1900) werden der süddeutsch-pfälzisch-jüdischen Küche zugeordnet. Ende des 19. Jahrhunderts werden die Kochbücher umfangreicher – ihres hat 3759 Rezepte. Die Kochbücher wurden nun gerne anlässlich einer Hochzeit verschenkt.

M. Elsasser widmet ihr Kochbuch Frau Dr. M. Friedländer/London und Frau Dr. I. Eschelbacher/Berlin. Das Kochbuch gewinnt zwischen 1905 und 1929 mehrere Preise, einschließlich einer “Gold Medal“.

Außer den Lebensdaten habe ich nichts Biografisches über sie gefunden. So lasse ich sie in ihrem Vorwort zum Kochbuch 1900 selbst zu Wort kommen. Besser als sie kann ich sowieso nicht ihr Kochbuch und ihre Motivation dazu erklären.

Manche ihrer Argumente könnten auch heute – und manche Empfehlungen im Prinzip auch für die heutige vegetarische Küche geschrieben sein.

Einleitung „Ausführliches Kochbuch für die einfache und feine jüdische Küche“:
„… Nicht etwa ein Mangel an jüdischen Kochbüchern gab der Verfasserin den Wunsch zu diesem Werke ein, sondern die Überzeugung, daß die bisherigen Kochbücher, obwohl von praktischen und tüchtigen Köchinnen verfaßt, doch nur im Rahmen des Altgewohnten sich bewegen. … Technik, Chemie, Gourmandise … die leichtere Erlangung der Erzeugnisse fremder Länder, alles vereinigt sich … die Art zu speisen zu verändern, gewissermaßen zu modernisieren. Diese Veränderungen aber sind zumeist spurlos an der jüdischen Küche vorbeigegangen, …“

„Die Verfasserin verdankt den Grund ihrer Kenntnisse in der jüdischen Küche, ihrer verehrten Großmutter, einer geborenen Pfälzerin, die noch aus der guten, alten Zeit stammte, da die Hausfrau selbst und mit Stolz kochte und sich keine Mühe zu viel werden ließ, um Hausgenossen und Gästen den Tisch gut und erfreuend zu gestalten. Durch sie empfing ich die pfälzischen, rheinischen und süddeutschen Originalrezepte.“ …

„Man ißt jetzt viel besser wie früher und der mit allen Nerven angespannte Mensch der heutigen Zeit verlangt auch von seiner Nahrung eine Verfeinerung und die Fähigkeit des angenehmen und anregenden Wechsels, dem gegenüber das gemächliche Weitergehen auf gewohntem Wege nicht mehr ausreicht.“ …

„… Erzeugnisse der Chemie … Es handelt sich um die mancherlei noch unbekannten und rituell vollkommen erlaubten Extrakte, die vorzüglichen, verschiedenen Koscherkäse, das neuere, ganz neutrale Fett Palmin, ein Präparat aus Kokosnuß, sehr fettreich … fernerhin (anstelle der in jüdisch-orthodoxen Kreisen nicht zulässigen, chemisch reinen Gelatine…) die Pflanzenart Agar-Agar …“

„So glaubt denn die Verfasserin dieses Werk getrost in die Welt senden zu können, sie will anregen, belehren und unterweisen und fühlt sich beglückt, wenn es ihr gelungen sein sollte, dies zu erreichen. Die materiellen Vorteile, die das Buch bringen wird, sind zu gemeinnützigen und wohltätigen Zwecken bestimmt.“

weiterführende Links: