Am Beispiel der anfangs genannten Berliner Hebammen Rosalie Neumann und Olga Gebauer (1858-1922) lohnt sich ein Blick auf die Situation des Deutschen Kaiserreiches (1870-1918) – unabhängig von den Fürther Gegebenheiten:
Wg. immer restriktiverer und unüberschaubarer Vorschriften und Kontrollmechanismen stehen Hebammen immer mit einem Bein im Gefängnis – oft mit beiden. Die Bezahlung ist und bleibt schlecht. – An einer gesetzlichen Verbesserung der Situation haben politische Stellen kein Interesse.

ROSALIE NEUMANN sammelt 1885 Geld für die Beerdigung einer jungen, verarmten Kollegin. Zur Beerdigung kommen 732 Berliner Hebammen (etwa die Hälfte aller). Der als Folge 1885 gegründete „Verein Berliner Hebammen“ wird Ausgangspunkt der letztlich deutschlandweiten Hebammenbewegung.
Für diese steht Bertha Malvine OLGA GEBAUER, geb. Mangelsdorf (1.3.1858 – 1.5.1922).
Geboren in St. Petersburg als Kind deutscher Eltern. Erstberuf: Lehrerin. Heirat 1880, 2 Kinder.
1884 Ausbildung an der Hebammenschule in Wittenberg.

Sie startete 1885 in Berlin als selbständige Hebamme. 1888 – 1892 Festanstellung in der Frauenklinik der Charité. Sie leitete als Oberhebamme auch den praktischen und theoretischen Hebammenunterricht.
1885: im Verein beginnt sie als Schriftführerin, wird und bleibt bis 1920 Vorsitzende.
1886: Sie startet die erste Hebammenzeitung erst im Selbstverlag, bald im Elwin Staude-Verlag.
Sie reist viel und unterstützt dt. Hebammenvereine bei ihrer Gründung (796 Vereine bis 1917). Um sich gegenseitig zu vernetzen und zu unterstützen, organisiert sie 1890 den 1. Dt. Hebammentag.
1892 wird sie Vorsitzende der „Vereinigung Deutscher Hebammen“ (VDH) und damit hauptamtliche Verbandsfunktionärin. Ziele der Vereinigung sind vor allem: berufliche Anerkennung, rechtliche und finanzielle Absicherungen, Organisation von Kongressen, Vernetzung. Bis 1914 vertritt der VDH über 22.000 Mitglieder reichsweit.
1900 initiiert sie den 1. Internationalen Hebammenkongress.
1903 gibt sie mit ihrer Tochter Julie die Zeitschrift „Die Mutter“ heraus.
1911 erhält sie das Frauenverdienstkreuz.
1914 erstattet erstmals (!) die Krankenkasse die Hebammen-Hilfe
1922 stirbt sie an einem Herzleiden.
weiterführende links:
- wikipedia (link)
- Hochschule Osnabrück (link)
- 2020 Year of the Nurse and the Midwife der WHO (link)
- Deutschlandfunk: Erster Deutscher Hebammentag (link)
- Cornelia Maria Grießl: Hebammen in Sachsen- Weimar- Eisenach zur Zeit des Deutschen Kaiserreichs und der Weimarer Republik (link)
- Stadt Leipzig: Emma Rauschenbach, geb. Koch (link) – Nachfolgerin von Olga Gebauer
Foto Berlin: = Berlin Hallesches Tor 1895-1900“ von janwillemsen ist lizenziert unter CC BY-NC-SA 2.0.
Foto Gedenktafel Wittenberg: File:Gedenktafel Schloßplatz (Wittenberg) Olga Gebauer.jpg“ by OTFW, Berlin is licensed under CC BY-SA 3.0.